Mit positiver Psychologie durch die Pandemie

Wie Selbstmitgefühl, Flexibilität und Dankbarkeit Widerstandskraft und Wohlbefinden stärken

Glück und Zufriedenheit hängen nicht nur von äußeren, sondern auch von inneren Faktoren ab. Seit Covid-19 die Welt in Atem hält, erleben das viele, insbesondere ältere Menschen besonders deutlich. Wenn die äußeren Glücksfaktoren abnehmen – Besuche, Ausflüge, persönlicher Austausch, gemeinsame Erlebnisse, Veranstaltungen, Gemeinschaftsessen – sind mehr denn je die inneren „Glücksmacher“ gefragt. Professor Frieder Lang, Psychogerontologe der Universität Erlangen-Nürnberg, beschäftigt sich unter anderem mit dem Zusammenhang von Zufriedenheit und Lebensqualität im Alter. Dem Senioren Ratgeber gegenüber sagte er: „Dabei stellen wir fest, dass die Lebenszufriedenheit im Laufe des Lebens recht stabil bleibt. Wer schon mit 30 Jahren ein glücklicher Mensch war, wird das wahrscheinlich auch mit 70 Jahren noch sein. Selbst schwere Krisen können dem wenig anhaben: Zwar fällt die Zufriedenheit nach einem Verlust in der Regel deutlich ab, doch erreichen die meisten Betroffenen nach einiger Zeit wieder ihr vorheriges Niveau.“

 

Mehr als nur positiv denken

Das Corona-Virus stellt für viele ältere Menschen eine massive Herausforderung dar, die nicht selten in einer persönlichen Krise mündet. Wer über lebenslang aufgebaute und gepflegte Zufriedenheitsreserven verfügt, ist gut ausgestattet, diese Zeit besser zu überstehen als jemand, dem die innere Zuversicht fehlt. Was also tun, um Resilienz, Zuversicht und innere Glücksfaktoren zu triggern?

Die Diplom-Psychologin Dr. Daniela Blickhan, die seit über 25 Jahren im eigenen Ausbildungsinstitut Lehrgänge zur Positiven Psychologie anbietet, gab im gastivo Magazin[ii] den entscheidenden Hinweis zum Umgang mit psychischen Tiefphasen: „Dann hilft der Gedanke: Das geht allen mal so, dieses Erleben ist menschlich. Das darf sein.“ Das Fachgebiet Positive Psychologie bedeute nämlich anders, als man vermuten könne, einfach nur positiv zu denken. Die relativ junge, aus den USA stammende Wissensschaftsdisziplin beschäftigt sich damit, was Menschen darin unterstützt, ein gelingendes Leben zu führen. Und das ist ganz unabhängig vom Lebensalter.

 

Das Beste aus der Situation machen

Es gibt einige praktische Tipps, um mithilfe von Positiver Psychologie durch schwierige Lebensphasen zu kommen. Diese einfach anwendbaren Techniken sind für alle Menschen eine Unterstützung während der Corona-Pandemie – für SeniorInnen genauso wie für Heim- und Pflegepersonal, aber auch für Angehörige und Mitarbeitende in allen Bereichen des Sozialwesens:

 

  • Selbstbestimmheit wahrnehmen
    Die Pandemie bringt maximale soziale Einschränkungen mit sich. Dennoch bleibt jedem im Kleinen die Wahl, sich für etwas zu entscheiden, was einem persönlich zusagt: die Mittagspause in der Sonne zu machen, mit dem Enkel ein wöchentliches Handydate einzurichten, einmal in der Woche ein Stück Kuchen für sich zu genießen, einmal im Monat einem tollen Buchtipp zu folgen … Entscheidend ist dabei nicht so sehr, wie groß die Wahl und die Tragweite der Entscheidung sind. Entscheidend ist die Tatsache, dass man wahrnimmt, selbst in der jetzigen Situation aktiv eigene Wege gehen zu können.
  • Gelassen bleiben und das Unveränderliche annehmen
    „Lass dich nicht durch Dinge aus der Bahn werfen, die nicht in deiner Macht stehen“, lautet ein Leitsatz der stoischen Philosophie. Was seit 300 v. Chr. Bestand hat, gilt während der Pandemie umso mehr. Gelassenheit wirkt sich körperlich aus und lässt sich körperlich herstellen. Tief durchatmen, die Augen schließen, den Geist wandern und sich nicht von allem in Aufruhr versetzen lassen. Tägliche Übungseinheiten machen den Meister.
  • Mitgefühl mit sich selbst haben
    Expertin Blickhahn hat es passend formuliert: So wie ich mich jetzt fühle, bin ich in Ordnung. Das darf ich, das ist menschlich. Es hilft ungemein, zuzulassen, was man empfindet, und selbst Angst und negativen Emotionen Raum zu geben. Auf diese Weise müssen sie diesen Raum nicht einfordern und sind leichter zu bewältigen. Und wir stärken mit dieser Art der Selbstfürsorge unser Wohlbefinden mit uns selbst.
  • Positive Tagesbilanz ziehen
    Selbst an isolierten Tagen oder in Zeiten mit extremem Arbeits- und Sozialdruck lassen sich positive Momente erleben: der Türschwellen-Kaffee mit der Flurnachbarin, ein schöner Kalenderblattspruch, das Rotkehlchen vor dem Fenster, ein freundliches Lächeln. „Jeden Tag 3 davon“, lautet die Regel – am besten abends in ein Tagebuch notieren und am Monatsende bis zu 90 gute Momente bilanzieren.

 

Lesetipp für PraktkerInnen

Positive Psychologie. Ein Handbuch für die Praxis (Daniela Blickhan), Junfermann Verlag Paderborn, 2018,
ISBN 978-3-95571-832-9

Aus dem Verlagstext: „Das Grundlagenbuch zur Positiven Psychologie im deutschsprachigen Raum. Der neue wissenschaftliche Ansatz der Positiven Psychologie untersucht Faktoren eines erfüllten und gelingenden Lebens. Er erforscht, wie Menschen ihre Stärken entwickeln und sich selbst, ihr Umfeld und die Gesellschaft als Ganzes voranbringen können. Zentrale Fragen lauten: Warum ist Glück mehr als die Abwesenheit von Unglück? Wie lässt sich Zufriedenheit definieren, messen und fördern? Wie kann man positive Gefühle nutzen, um auch mit widrigen Lebensumständen gut umzugehen?“
(© Titelfoto und Text: Junfermann Verlag)

Quellen:

  • Stephan Soutschek:„Was im Alter glücklich macht“, In: Senioren Ratgeber, 13.3.2020
  • Ann-Christin Zilling: „Positive Psychologie“, In. Gastivo Magazin, 2/20

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