Freizeitangebote für Senioren attraktiv gestalten

Franziska Wienzek leitet seit zehn Jahren die Seniorenwerkstatt an der Volkshochschule (vhs) Mainz. In unserem Interview teilt die studierte Sozial- und Religionspädagogin ihre Erfahrung mit Angeboten für ältere Menschen und gibt Tipps, wie solche auch in Einrichtungen für Senioren gelingen können.

Kochen für Senioren:  Was genau ist die Seniorenwerkstatt an der vhs Mainz?

Franziska Wienzek: Die Seniorenwerkstatt umfasst kostenfreie Angebote für Senioren an der vhs Mainz. Sie wird von der vhs in Kooperation mit der Stadt Mainz gefördert. Teilnehmer können zwischen zwölf Angeboten wählen wie beispielsweise aktuell Theater, Töpfern, plastisches Gestalten, Seidenmalerei oder Schreibwerkstatt. Wir passen die Angebote kontinuierlich an die Interessen unserer Teilnehmer an. Viele kommen regelmäßig, manche sogar mehrfach die Woche. Sie können an den von uns entworfenen Projekten arbeiten oder ganz frei an eigenen Ideen und sich bei Bedarf von den Gruppenleitern oder anderen Teilnehmenden unterstützen lassen. Das ist besonders dann wichtig, wenn Erkrankungen die Arbeit mit den Händen einschränken. Wir finden dann Methoden und Werkzeuge, damit die Teilnehmer trotzdem ihre Schale töpfern oder Einzelteile für eine Bastelarbeit ausschneiden können. Da kann man relativ schnell mit ganz einfachen Methoden gute Ergebnisse erzielen.

 

Kochen für Senioren: Wie wird das vhs-Angebot angenommen und was ist das Besondere an der Seniorenwerkstatt?

Franziska Wienzek: Die Seniorenwerkstatt und unsere weiteren Kurse für ältere Menschen sind sehr beliebt, unser neues Programm wird immer mit großer Vorfreude erwartet. Was unser Angebot besonders macht, ist wohl, dass wirklich jeder zur Seniorenwerkstatt kommen kann, egal wie viel er hat oder wie seine Biografie ist. Außerdem legen wir viel Wert auf Selbstbestimmtheit: Jeder entscheidet selbst, wann und wie oft er kommen, oder was er hier machen möchte. Gut finde ich auch, dass wir den Teilnehmern Stabilität und Kontinuität bieten, indem die Gruppen zu festen Zeiten in einem festen Gruppensystem stattfinden. So haben sich auch unter den Teilnehmern über die Zeit feste Gruppen etabliert.

Sowohl die Angebote der Seniorenwerkstatt als auch das Zielgruppenprogramm der vhs Mainz für ältere Menschen finden vornehmlich bei Tageslicht statt, damit gerade im Herbst oder Winter die Menschen nicht im Dunkeln draußen unterwegs sein müssen. In einigen Unterrichtsräumen haben wir Höranlagen eingebaut, wo man sein eigenes Hörgerät anschließen kann. Der überwiegende Teil unserer Räume ist barrierefrei zugänglich. Außerdem – und das ist vielleicht der Hauptgrund, warum unsere Teilnehmer so gern zu uns kommen – steht bei uns das Soziale an erster Stelle.

 

Kochen für Senioren: Was umfasst die soziale Komponente bei Ihren Angeboten in der Seniorenwerkstatt und warum ist sie aus Ihrer Sicht so entscheidend?

Franziska Wienzek: Wir haben hier ganz unterschiedliche Menschen, nahezu jeder bringt eine bestimmte Fähigkeit und eigene Ideen mit. Man muss sich die Zeit nehmen und die Leute kennenlernen, dann öffnen sie sich. Nur so können wir mit ihnen gemeinsam entscheiden, welche Angebote sinnvoll sind. Außerdem können die Teilnehmer dann auch aktiv eingebunden werden. Wir hatten hier zum Beispiel eine gelernte Schneiderin und Schnittzeichnerin. Sie war für die anderen Teilnehmer von unschätzbarem Wert. Zu ihrer Zeit war ihr Beruf gar nicht angesehen, die Wertschätzung für ihr Können hat sie erst in der Seniorenwerkstatt erfahren. Ein anderer Aspekt ist, dass wir Gruppenleiter über fundierte Erfahrung in unserer Arbeit verfügen und in Mainz gut vernetzt sind. Wenn beispielsweise Erkrankungen oder Behinderungen auftreten, können wir gut darauf eingehen und die Menschen auch mit Tipps unterstützen, an wen sie sich für Hilfe wenden können. Das verkürzt für sie die Wege enorm.

 

Kochen für Senioren: Der wichtigste Tipp, den Sie Senioreneinrichtungen für deren Angebote geben würden?

Franziska Wienzek: Die Menschen in ihrer Individualität wahrnehmen und Vertrauen aufbauen als erste Schritte – das ist das allerwichtigste, wenn man neue Angebote in einer Einrichtung plant. Wir haben in der Seniorenwerkstatt oft Leute dabei, die zurückhaltend sind und sich erst mit der Zeit öffnen. Dann erst erfahren wir, was sie können und welche Beschäftigung sie sich wünschen. Dabei ist es super wichtig, dass man Aktivitäten anbietet, die den Teilnehmern liegen und Spaß machen. Nur so können sie daraus Wertschätzung und Selbstbewusstsein ziehen. Ich beobachte oft, wie unsere Senioren innerlich wachsen, wenn ihnen etwas gut gelingt und das von anderen anerkannt wird. Das zu sehen ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl.

 

Franziska Wienzek verantwortet als Leiterin der Seniorenwerkstatt an der vhs Mainz die Gesamtorganisation der Seniorenwerkstatt, die Gruppenleitung, Organisation sowie Materialbeschaffung. Unter anderem kooperiert die Seniorenwerkstatt mit den Mainzer Alten- und Wohnheimen und ist dort mit Theateraufführungen oder beispielsweise einem Stand bei deren Weihnachtsmarkt vertreten.

Weitere Tipps von Pädagogin Franziska Wienzek zu Freizeitangeboten in Senioreneinrichtungen:

  • Angebote an Interessen und Informationsbedürfnis älterer Menschen ausrichten (z. B.: Gedächtnistraining, Umgang mit dem Smartphone, Filmvorführungen, Spaß am Kochen), deshalb ist Austausch mit Senioren wichtig
  • Darauf achten, welche Fähigkeiten und Interessen Senioren mitbringen, damit sich diejenigen mit besonderen Kompetenzen einbringen können (z. B. Gitarre spielen, Zeichnen, Backen, Nähen)
  • Teilnehmern an Angeboten mit Respekt und Wertschätzung begegnen, sie ernst nehmen, aber nicht „betüdeln“ und nur bei Bedarf unterstützen
  • Bei Einschränkungen durch Erkrankung (z. B. Parkinson, Rheuma) Hilfsmittel anbieten: Messer, Stanzen, Gipsformen beim Töpfern, Halterungen für Stifte oder Geräte
  • Neben Klassikern wie Basteln und Singen immer auch Neues ausprobieren
  • Kontinuität bieten: regelmäßiges Angebot in festen Räumen und mit festen Ansprechpartnern
  • Gruppengröße an Art des Angebotes anpassen: bei handwerklichem Inhalt max. 12 Teilnehmer
  • Toiletten in der Nähe des Raumes, Barrierefreiheit, gute und flexible Beleuchtung, angenehme Raumtemperatur, bei Stühlen auf Kissen achten (Wärme, Sitzhöhe)
  • Angenehme, wertschätzende Atmosphäre schaffen

Das Angebot der Seniorenwerkstatt finden Sie hier! Haben Sie weitere Fragen? Gern steht Ihnen die Leiterin der Seniorenwerkstatt an der vhs Mainz, Franziska Wienzek, als Ansprechpartnerin zur Verfügung per Tel. 06131 2625-235 oder E-Mail an franziska.wienzek@vhs-mainz.de.

Die Seminare

Gemeinsam Konzepte für emotionalen Genuss entwickeln

Wir präsentieren Ihnen keine vorgefertigten Lösungen, sondern erarbeiten im gemeinsamen Austausch mit Ihnen Konzeptideen, die Sie ganz individuell in Ihrer Senioreneinrichtung umsetzen können.

Der Wettbewerb

Wir suchen die besten Konzepte in der Seniorenverpflegung

Senioreneinrichtungen, in denen gute, praxisnahe Ansätze für mehr emotionalen Genuss in der Verpflegung bereits gelebt werden, können demnächst wieder an unserem Wettbewerb teilnehmen.

Das Buch

Kochbuch-Bestseller: Wir haben einfach gekocht

Mit unserem Kochbuch haben wir das Thema emotionalen Genuss in der Verpflegung von Senioren in die gesellschaftliche Breite getragen. Eine kulinarische Reise durch Deutschland weckt Erinnerungen!